COVID-Risikogebiete

Nachdem ich Mitte Januar von meiner Ägypten-Reise zurückgekehrt war, musste ich in Deutschland in eine zehntägige Corona-Quarantäne, so sah es die geltende Verordnung im Bundesland Berlin vor. Nach fünf Tagen wurde ich dank eines negativen COVID-Tests vorzeitig entlassen. Der Sinn dieser Maßnahmen schien mir auf den ersten Blick unstrittig: Es soll verhindert werden, dass ich aus dem „Risikogebiet“ Ägypten infiziert zurückkehre und andere Menschen anstecke. Nach fünf Tagen würde ein COVID-Test anschlagen, selbst wenn ich noch keine Symptome hätte.

Während meiner Quarantäne fragte ich mich, wie eigentlich die Einstufung Ägyptens als COVID-Risikogebiet begründet wird und nach welchem Verfahren sie erfolgt. Die Datenbasis in Ägypten ist wie in anderen Staaten mit vergleichsweiser schlechter öffentlicher Gesundheitsversorgung nämlich nicht mit derjenigen in Deutschland zu vergleichen. Die Unwissenheit und Unsicherheit ist daher relativ groß – auch für die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung, ob Ägypten ein Risikogebiet ist oder nicht.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) erklärt auf seiner Internetseite, dass die Einstufung als Risikogebiet „nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat“ erfolge. „Die Einstufung als Risikogebiet basiert auf einer zweistufigen Bewertung. Zunächst wird festgestellt, in welchen Staaten/Regionen es in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. In einem zweiten Schritt wird nach qualitativen und weiteren Kriterien festgestellt, ob z.B. für Staaten/Regionen, die den genannten Grenzwert nominell über – oder unterschreiten, dennoch die Gefahr eines nicht erhöhten oder eines erhöhten Infektionsrisikos vorliegt“ 1. Weitere Informationen zu den Einstufungen einzelner Länder wie z.B. Ägypten habe ich nicht gefunden.

Die oben bereits erwähnte Unsicherheit der Corona-Zahlen in Ägypten kann der Bundesregierung natürlich nicht zur Last gelegt werden. Aber mir wird nicht klar, wie sie beispielsweise bei Ägypten zu ihrer Entscheidung kommt und auf welcher Datenbasis die Einschätzung erfolgt. Was bedeutet der ziemlich nebulöse „zweiten Schritt“ des Verfahrens und seine unspezifischen „qualitativen und weiteren Kriterien“ konkret für die Entscheidungsfindung zu Ägypten? Der erste Schritt ist mit dem Inzidenzwert von 50 pro 100.00 Einwohnern wenigstens konkret, wirft auf den zweiten Blick aber eine gravierende Frage auf.

Warum wird die Inzidenz in einem Risikogebiet nicht ihn in Beziehung zum Inzidenzwert in Deutschland gesetzt? Es sind doch nicht die Fallzahlen im Land entscheidend, sondern ob sie höher oder niedriger sind als in Deutschland. Ich möchte es an einem Beispiel erklären. Deutschland hatte am 28. Januar 2021 einen Inzidenzwert von etwa 100 pro 100.000 Einwohnern. Wenn jemand aus einem Land mit 70 pro 100.000 Einwohner nach Deutschland einreist, stellt er demnach epidemiologisch eine geringere Gefahr da als jemand, der schon in Deutschland ist. Er verbessert die Lage sogar! Nach obiger Definition müsste er aber dennoch in Quarantäne, weil die Inzidenz in seinem Herkunftsland über 50 liegt. Wenn wir in Deutschland in ein paar Wochen die derzeit angestrebte Inzidenz von 35 erreicht haben werden, bleibt dann die Grenze von 50 für Risikogebiete erhalten oder wird sie abgesenkt? Ist es zu aufwändig, die sich verändernde Inzidenz in Deutschland mit zu betrachten? Wohl nicht. Bereits heute aktualisiert das RKI seine Seite zu den Risikogebieten1 fast täglich.

  1. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html, Stand: 28.01.2021

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